Der AOK-Krankenhausreport und die Frage, welchen Statistiken man glauben darf…

Immer wieder geistern gezielte Provokationen, Verleumdungen der Krankenkassen gegen (Zahn-) Ärzte und Zahnärzte in Zeitungen und anderen Medien. Ganz offensichtlich sind diese pauschalen Diffamierungen nur Versuche, vom eigenen Fehlverhalten abzulenken. Die gesetzlichen Krankenkassen horten z. B. Milliarden Euros, die nie in die Versorgung von Patienten fließen. Stattdessen verschwenden sie die Beiträge ihrer Versicherten unter anderem für dubiose Gutachten, mit denen sie ihre ärztefeindliche Argumentation untermauern wollen. Diese Gutachten erscheinen natürlich immer pünktlich vor bestimmten Ereignissen wie dem Deutschen Ärztetag oder dem Beginn der Honorarverhandlungen zwischen (Zahn-)Ärzten und Krankenkassen.

In diesem Zusammenhang hebt sich ein Kommentar (vom 21.01.2014) des Medizinanwalts Jens Pätzold, den ich hier mit seiner Erlaubnis gerne veröffentlichen will, wohlwollend hervor:


Die AOK schlägt also Alarm. Heute vormittag legte die AOK ihren sog. “AOK-Krankenhausreport” vor und kündigt dies mit populistischen Zahlen an. Und die breite Presselandschaft springt dankbar auf den Zug auf.

Und so konnte wir heute u.a. lesen:

•    Mehr Menschen sterben durch Fehler im Krankenhaus als im Straßenverkehr. (Augsburger Allgemeine)
•    Die FAZ berichtet von “Zehntausenden Behandlungsfehlern im Krankenhaus”
•    Die ZEIT berichtet von “Zehntausenden Behandlungsfehlern”

Angeblich, so wird berichtet, liegen nun genaue Zahlen über Behandlungsfehler in Deutschen Krankenhäusern vor. Aber ist das tatsächlich so? Nein! Tatsächlich ist es vielmehr so, dass sich die AOK in ihrem “AOK-Krankenhausreport” auf Schätzungen des Sachverständigenrates aus dem Jahre 2007(!) bezieht.

In diesem Bericht hieß es u.a.:
“Zusammenfassend kann für den Krankenhausbereich eine Größenordnung von fünf bis zehn Prozent unerwünschter Ereignisse, zwei bis vier Prozent Schäden, einem Prozent Behandlungsfehler und 0,1 Prozent Todesfälle, die auf Fehler zurückgehen, angenommen werden.”

Diese Aussage bezieht der AOK-Krankenhausreport nun schlicht und einfach auf 19 Millionen jährliche  Klinikfälle  und kommt somit auf 190.000 Fehler bei Krankenhausbehandlungen und rechnet das Ganze dann auch gleich noch hoch auf 19.000 Todesfälle.

Konkrete Belege für die Zahlen: Fehlanzeige!

Dass die Presse diese Zahlen dann auch noch vergleicht mit den Todesfällen im Straßenverkehr zeigt, dass hier offenbar Populismus und Auflage im Vordergrund steht  und keine ernsthafte Beschäftigung mit dem Thema.

Fakt ist, dass es ca. 18,6 Millionen Klinikfällen pro Jahr gibt. Diese Zahl bestätigt auch der AOK-Krankenhausreport. Unzählige ambulante Behandlungsfälle kommen hinzu. Bei 150.000 niedergelassenen Ärzten in Deutschland dürfte es nicht falsch sein, wenn man von mindestens 200 Millionen Arzt-Patienten-Kontakte im Jahr ausgeht.

Im Vergleich dazu:

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen kümmerte sich nach den jüngsten Zahlen 2012 um rund 8600 Vorwürfe von Patienten gegen Kliniken – und bestätigte dabei nicht einmal jeden dritten Verdacht. Wir sprechen also von nicht einmal 2900 durch den MDK festgestellten Behandlungsfehlern pro Jahr.

Und was der AOK-Krankenhausreport unerwähnt lässt:


Insgesamt beanstanden pro Jahr rund 40.000 Versicherte pro Jahr ihre Behandlung bei Ärztestellen, Kassen oder direkt vor Gerichten. Die Anerkennungsquote (vermeidbare ärztliche Fehler mit darauf zu beziehendem Schaden) beträgt dabei etwa 24 %. Das sind also weniger als 10.000 anerkannte Behandlungsfehler pro Jahr! Bei 200 Millionen Arzt-Patienten Kontakten! Selbst wenn also die Dunkelziffer der Behandlungsfehler 10 Mal so hoch liegen sollte, bewegen wir uns immer noch im Promillebereich.

Kein Grund, um sich zurückzulehnen und die Behandlungsqualität nicht täglich weiter zu verbessern. Aber solche Zahlen könnten auch einmal Anlass sein deutlich zu machen, wie gut die Behandlungsqualität in Deutschland ist und welch guten Job die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland jeden Tag verrichten.

Wenn vor diesem Hintergrund die Große Koalition im Koalitionsvertrag davon spricht, “den Behandlungserfolg stärker zum Maßstab für die Patienten in Deutschland machen zu wollen”, so sind dies nichts als leere Worthülsen ohne jeden konkreten Inhalt. Und wenn Herr Gröhe diese Worthülse quasi in seiner erstem öffentlichen Äußerung als Gesundheitsminister aufgreift, zeigt das meiner Meinung nach nur, dass er die wirklichen Probleme des Gesundheitswesens noch nicht erfasst hat.

Aus unserer Erfahrung heraus gibt es kein Krankenhaus in Deutschland, dass nicht gewillt und bemüht ist, die Behandlungsqualität und Sicherheit für die Patienten täglich  weiterzuentwickeln. Hierbei sollten diese unterstützt werden. Beispielsweise auch mit der Finanzierung des für Qualitätsverbesserungen erforderlichen Mehraufwands.

Sinnlose Vergleiche und das Herausstellen öffentlichkeitswirksamer und bedrohlicher Zahlen ist jedoch weder im Sinne der Krankenhäuser noch im Sinne der Patienten.

(Original: http://www.medizinrecht-blog.de/arzthaftungsrecht/aok-krankenhausreport/)

Schlagzeilen

Weisheitszähne haben mit Engständen an den vorderen Zähnen selten etwas zu tun

Das Thema kommt bei unseren Sprechstunden alle 3 bis 4 Wochen vor, wenn zum Beispiel wieder ein Jugendlicher Zahnspangenträger mit seinem großen Röntgenbild vom Kieferorthopäden zu uns geschickt wird. Der oder die Kollege/in wünscht von uns die Entfernung der Weisheitszähne. Warum und weshalb erfahren wir von der begleitenden Mutter: "Damit sich die Zähne vorne nicht verschieben". Dann folgt eine typische Auseinandersetzung zwischen uns und der Mutter über die wissenschaftliche Erkenntnis bezüglich der Weisheitszähne und deren Auswirkung auf einen frontalen Engstand. Leider hat diesem Fall der Kieferorthopäde keine zwei Sekunden über die von ihm veranlasste Zahnentfernung nachgedacht. Und würden wir das tun, was wir Deutsche am besten können, nämlich einfach ohne selber nachzudenken funktionieren, dann würden wir als der Hauszahnarzt an dieser Stelle dem Patienten die Weisheitszähne einfach entfernen. Schließlich verdienen wir damit unsere Brötchen. Das Spielchen spielen wir aber nicht mehr mit.

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