Dank verschiedenster Aufklärungskampagnen denkt man bei Fluor oder Fluorid sofort an Zähne. Fast jeder Werbespot oder Anzeige für Zahnpasten oder Mundspülungen enthält mindestens einmal das Wort Fluorid.
Jedoch wissen die wenigsten, dass Fluorid nicht nur in der Zahnpasta vorkommt und dass es noch einige Möglichkeiten mehr gibt, Fluorid in den Körper aufzunehmen. Welche Vor- und Nachteile daraus resultieren, können Sie im folgenden lesen.
Fluorid – eher Gift oder eher Segen?
1901 entdeckten Forscher in einem Dorf bei Neapel seltsame, weissliche Flecken auf den Zähnen der Bewohner. Ihre Vermutung war, dass dieses Phänomen mit dem Trinkwasser zusammenhängen könnte. 1931 besteht der Verdacht, die Zahnflecken könnten auf Aluminium zurückgeführt werden. Darauf reagierten die Aluminium Werke der USA mit einer Untersuchung von Trinkwassserproben. Zur allgemeinen Überraschung fand man darin aber Fluorid, das in anschließenden Tierversuchen als Auslöser entsprechender Zahnschäden überführt wurde. Etwa sieben Jahre später fanden amerikanische Forscher heraus, dass Fluorid im Trinkwasser den Kariesbefall der Zähne vermindern konnte.
Schon in diesem kurzen historischen Abriss kann man erkennen, dass Fluorid im Trinkwasser gute wie auch schlechte Wirkung haben kann.
Aber nicht nur durch Trinkwasser werden Fluoride aufgenommen; es kommt auch in natürlicher Form zum Beispiel in schwarzem Tee oder Seefisch vor, seit 1991 auch im Speisesalz oder in der Milch. Recht hohe Fluoridkonzentrationen finden sich aber auch in Mineral- oder Quellwässern. Bei Kindern wird Fluorid zusammen mit einer Rachitisprophylaxe verabreicht (sogenannte D-Fluoretten).
Die tödliche Einzeldosis des Fluorids beträgt beim Erwachsenen von 75 kg Körpergewicht etwa 3,5g, bei Kindern etwa 35mg/kg Körpergewicht. Im ungünstigsten Fall muss also beispielsweise mit Vergiftungserscheinungen gerechnet werden, wenn ein sechsjähriges Kind, das durchschnittlich etwa 20 kg wiegt, den Inhalt einer großen Tube Erwachsenenzahnpasta (75 ml mit 112,5 mg F-) geschluckt hat. Bei Speisesalz mit 250 ppm Fluorid wäre die tödliche Dosis für dieses Kind erst nach Einnahme von 400 g Fluoridsalz erreicht. Die tödliche Dosis für Kochsalz liegt aber für ein Kind dieses Alters bereits bei etwa 15-20 g.
Um sich mit Fluortabletten umzubringen, müsste ein Kind schon ca. 150 Stück à 0,25mg Fluorid auf einmal verschlucken. Das erscheint doch sehr unwahrscheinlich.
Vergiftungserscheinungen äußern sich in Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall und Krämpfen. Sehr große Mengen über längere Zeit können Veränderungen am Skelettsystem hervorrufen (20-80mg über 10-20 Jahre).
Weit häufiger kommt es durch hohe Fluoridzufuhr bei Kindern zur sogenannten Dentalfluorose. Hierbei entstehen bräunlich oder weißliche Flecken auf der Schmelzoberfläche des Zahnes. Diese Flecken können aber auch bei zu geringer Fluoraufnahme entstehen oder Folge einer Verletzung sein. Eine Unterscheidung ist oft nicht einfach.
Wirkung der Fluoride
In den USA ist die systematische Fluoridierung durch Trinkwasser oder Tabletten mittlerweile sehr umstritten. Nur noch in Alaska, einigen Orten in Irland und bis 2003 in Basel (Schweiz) wird durch Trinkwasser systemisch fluoridiert..
Wird Fluorid während der Schwangerschaft aufgenommen, können nur die Milchzähne einen Teil davon in ihren Schmelz einbauen. Erst wenn die bleibenden Zähne, nach der Geburt, einen bestimmten Reifungsgrad erreicht haben, können diese das aufgenommene Fluorid verwerten.
Es wird aber immer häufiger bezweifelt, ob eine Fluoridierung in der Schwangerschaft und im Säuglingsalter wirklich effektiv ist. Nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand scheint die lokale Wirkung des Fluorids auf schon vorhandene Zähne wirksamer zu sein.
Was passiert durch das Fluorid?
Arten der Fluoridierung
Vor allem in den USA, hier Alaska, und in der Schweiz wurde viele Jahre lang die Trinkwasserfluoridierung durchgeführt. Diverse Studien konnten eine Kariessenkung der Bevölkerung von 50 bis 60% beweisen. Diese Wirkung kann auf den Kontakt mit den Zähnen aber auch auf den Einbau von Fluoriden in die Zahnkeime beruhen. Als um 1945 in den Vereinigten Staaten die Trinkwasserfluoridierung eingeführt wurde, ging man dabei von einer täglichen Fluoridzufuhr von 1 bis 1,5 mg pro Tag aus. Dieser Wert diente später als Basis für die Fluoridverabreichung in Tablettenform. Seit rund 25 Jahren weiß man jedoch, dass in Orten mit Trinkwasserfluoridierung die tägliche Zufuhr bei etwa 3 mg -oder gar mehr- pro Tag liegt.
Die Gegner der Trinkwasserfluoridierung befürchten eine Zwangsmedikation durch das Trinkwasser.
Tablettenfluoridierung
Die Fluoridierung durch Tabletten wird vorwiegend bei Kindern und Jugendlichen angewendet. In den ersten zwei Lebensjahren kann sie mit der Vitamin-D Prophylaxe kombiniert werden (D-Fluoretten). Durch Lutschen der Tabletten gelangt Fluorid lokal an bereits vorhandene Zähne. Dazu kommt noch eine Resorption des Fluorids durch den Körper. Die Dosierung des Fluorids über Tabletten muss jedoch vom Fluoridgehalt im Trinkwasser abhängig gemacht werden. Wenn alle bleibenden Zähne in die Mundhöhle gewachsen sind, kann man die Tablettenfluoridierung beenden.
Die aktuelle Dosierungsempfehlung der Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde:
Alter (Jahre) | mg Fluorid pro Tag |
0 bis < 2 | 0,25 |
> 2 bis < 4 | 0,50 |
> 4 bis < 6 | 0,75 |
> 6 | 1,00 |
Milch- und Brotfluoridierung
Von einigen Forschern wird derzeit über eine Fluoridierung der Milch nachgedacht. Kritiker dieser Methode sehen aber keinen Vorteil gegenüber der Trinkwasser- und Tablettenfluoridierung.
Zudem sollten die Möglichkeiten der Fluoridierung eingeschränkt bleiben, um eine unbeabsichtigte Überdosierung durch Kombination mehrerer Fluoridierungsarten zu vermeiden.
Die Brotfluoridierung hat sich als zu ungenau erwiesen und wird heute nicht mehr angewendet.
Fazit
Ohne regelmäßige Fluoridierung sähe es um unsere Zahngesundheit weit schlechter aus. In Deutschland leiden immer noch fast 90% der Bevölkerung unter Karies. Dies liegt vor allem an der mangelnden Aufklärung. Langsam tut sich aber etwas. Durch verstärkte Präsenz der freien Zahnärzte und Zahnkliniken in Kindergärten und Schulen lernen die Kinder, sich mit Karies und dem Zahnarzt auseinanderzusetzen.
Die Angst vor dem Zahnarzt ist der häufigste Grund, weshalb ihn immer noch viele Menschen nur dann aufsuchen, wenn es weh tut. Meist ist es dann aber für die Prophylaxe schon zu spät. Gehen Sie deshalb mindestens zweimal jährlich Jahr zu Ihrem Zahnarzt und lassen Sie Ihre Zähne untersuchen. Lassen Sie sich auch beraten, wie Sie Ihre tägliche Mundhygiene noch verbessern können und welche Hilfsmittel es hierfür gibt.
Foto-Quelle: Prodente e.V.