Peilsender in der Zahnfüllung
Die Tat selbst gab der Beschuldigte sofort zu, mehrere Zeugen schilderten den Vorfall übereinstimmend. Demnach war er am 25. September 2009 in einer Zahnarztpraxis in einem Leonberger Ortsteil aufgetaucht und hatte lautstark gefordert, man müsse ihm "den Zahn ziehen und die Wanze herausnehmen". Als die beiden Arzthelferinnen ihn fragten, um was es überhaupt gehe, schlug er mit der Faust auf den Tisch und schrie weiter. Den Zahnarzt, der schließlich aus dem Behandlungszimmer kam, schlug er unvermittelt mit der Faust ins Gesicht, sodass dieser zu Boden ging. Dann versetzte ihm der 28-Jährige noch mindestens einen Fußtritt und ließ erst von ihm ab, als herbeigeeilte Patienten eingriffen. Er verließ dann aufgebracht die Praxis und warf von außen zwei Fensterscheiben mit Steinen ein.
Der Angeklagte hatte vermutet, in einer Zahnfüllung einen Chip oder Peilsender zu haben, durch den er überwacht werde - und der mit den Stimmen zusammenhänge, die er hörte. "Wer Stimmen hört, hat Gedanken, die nicht mehr Teil des Ichs sind", erklärte der medizinische Gutachter im Verfahren. Weil das Gehirn eine sogenannte Wahnerklärung für diese Stimmen suche, sei es in der Wahrnehmung des Angeklagten unverrückbar gewesen, dass er überwacht werde. "Er fühlte sich bedroht, in die Enge getrieben." Der Zahnarzt sei der einzige gewesen, der ihm in seinen Augen helfen konnte. Als der die Hilfe nicht geben konnte, schlug er ihn. "An der Schuldunfähigkeit besteht kein Zweifel."
Seit dem Vorfall war der Angeklagte mehrfach in Behandlung, aber auch zu Hause. Dort setzte er allerdings seine Medikamente ab. "Ich weiß heute, dass kein Chip in dem Zahn war. Es tut mir leid, dass ich ihn geschlagen habe", sagte er. Verfolgt aber werde er noch immer. Durch Kameras, Satelliten, vom Staat oder einer Geheimorganisation, weil er über besonderes Wissen verfüge. Die Stimmen hingegen seien verschwunden.
Das alles sei nicht ungewöhnlich, sagte der Gutachter. Die Stimmen seien vor allem durch Medikamente verschwunden. Noch sehe der Patient aber nicht ein, dass er krank ist. Daher schlug er vor, ihn in einer Klinik unterzubringen, dem schloss sich der Staatsanwalt an. Der Verteidiger des Beschuldigten hingegen forderte im Plädoyer, seinem Mandanten die Chance zu geben, in Freiheit seine Medikamente zu nehmen und so bei seinen Eltern leben zu können. Die Begründung lieferte der Betroffene selbst: "Ich war draußen, aber ich habe nie mehr jemanden geschlagen.
Quelle: Jakob Struller, "Leonberger Kreiszeitung" 25.03.2011